Schon wieder zum HNO-Arzt, was nun?

Besonderheiten und spezielle Bedürfnisse von Kleinwüchsigen

Auf den ersten Blick ist der Zusammenhang zwischen Kleinwuchs und dem HNO-Arzt gar nicht so einfach zu erkennen, aber ich freue mich sehr, wieder einmal von Ihnen zu einem Beitrag am BKMF-Treffen eingeladen worden zu sein.

Denn auf den 2. Blick oder eine nähere Nachfrage, stellen viele Kleinwüchsige, besonders bei Achondroplasie fest: „Ja, mit einem HNO-Arzt hatte ich schon öfter zu tun.“

Nun, vor mittlerweile 10 Jahren (Frau Fischer, Sie wissen die genaue Zahl sicher genauer) bin ich das erste Mal in Kontakt mit dem BKMF gekommen, weil ein sehr aktives Mitglied mit Ihrem Kind bei mir in der Ambulanz war und mir davon berichtet hat, dass es gar nicht so einfach ist, einen HNO-Arzt zu finden, der sich mit Kleinwuchs auskennt. Das hat mir dann keine Ruhe gelassen, sodass ich begonnen habe, mich näher zu informieren.

Und so freut es mich sehr, immer mal wieder auf den BKMF-Treffen über die speziellen Bedürfnisse und Besonderheiten von Kleinwüchsigen im HNO-Bereich berichten zu dürfen. Daraus ergeben sich dann meist ganz zwanglos so einige Fragen, oft nimmt der Vortrag dann auch eine unerwartete Wendung, wie das Leben ja auch und ich bin bisher noch jedes Mal mit schönen bereichernden Gesprächen im Gepäck wieder abgereist.

Ich möchte jetzt hier keine lange Abhandlung halten, und werde nur die wichtigsten Informationen in Kürze zusammenfassen.

Unterschiedliche Knochen am Körper des Menschen haben unterschiedliche Arten des Wachstums. Bei Patienten mit Achondroplasie ist der Knorpelzellrezeptor für den Fibroblastenwachstumsfaktor 3 defekt. Das klingt jetzt reichlich kompliziert, aber einfach gesagt: Bestimmte Knorpelsorten wachsen nicht gut. Ein Teil unserer Knochen wird jedoch zuerst aus Knorpel umgewandelt, und wenn der nicht so funktioniert, gibt es für diese Kochen auch kein normales Wachstum. Nun betrifft das im Körper aber bei weiten nicht alle Knochen und deshalb kommt es bei der Achondroplasie zu dysproportioniertem Kleinwuchs.

Nun, was hat das mit dem HNO-Arzt zu tun, das ist doch gar nicht der „Knochendoktor“?

Die Besonderheiten im HNO-Bereich sind:

Das Mittelgesicht (Oberkiefer/Nase/ Augen und Ohrenbereich) ist klein ausgeprägt, es kommt zu vermindertem Wachstum von Schädelbasis und Spinalkanal, denn hier gibt es Wachstum über die Knorpelvorstufe, das vom defekten Rezeptor gestört wird. Das Schädeldach ist nicht beeinflusst, den hier besteht direktes Knochenwachstum.

Dies führt häufig zu einer Einengung des Nasenrachen-Raumes, im Kindesalter entwickeln sich dann die störenden Polypen, das Kind schnarcht, hat häufig Schnupfen und Mittelohrentzündungen und hört oft monatelang schlecht.

Es steigt das Risiko der obstruktiven Schlafapnoe (Atemaussetzer im Schlaf mit Abfall des Sauerstoffgehaltes im Blut).

Nun gibt es diese Probleme wie Polypen, Schnupfen und Schnarchen bei den „Großen“ auch alle, aber die Therapeuten, HNO-Ärzte und Anästhesisten sollten einige Besonderheiten unbedingt wissen:

Es kommt häufiger zu Muskelhypotonie (Muskelschwäche) im Kleinkindalter und typisch ist auch eine Foramen magnum Stenose (enges großes Hinterhauptsloch, hier tritt das Rückenmark aus dem Hirn in den Rücken aus) mit möglichen Hydrocephalus (Stauung des Hirnwassers) und neurologischen Ausfällen.

Wenn dann zur dauerhaften Behandlung eine Operation nötig wird, sollte all das nicht nur der HNO-Chirurg, sondern auch der Anästhesist für die Narkose wissen. Hier kann man dem Doktor ein wenig auf die Sprünge helfen z.B. mit einem Informationsblatt für Anästhesisten https://www.orpha.net/data/patho/Pro/de/Achondroplasia_DE.pdf

Und im weiteren Gespräch sind wir bei der Schlafapnoe gelandet, eine Erkrankung, bei der es im Schlaf nicht nur zu ordentlichem Lärm kommt, sondern auch mitunter besorgniserregende Atemaussetzer auftreten. Meist fühlt sich derjenige am nächsten Morgen auch ziemlich unausgeschlafen. Auch diese Erkrankung kommt bei Kleinwüchsigen häufiger vor. Die Behandlung ist individuell durchaus unterschiedlich und sollte nicht außer Acht gelassen werden: „Der schnarcht halt…“ Auch auf Hörstörungen sind wir zu guter Letzt noch gekommen.

Ich bedanke mich jedenfalls noch einmal für die „aufgeweckten“ Fragen und einige schöne Gespräche.

Herzlichst,
Prim. Dr .Ulla Folger-Buchegger, MBA
Leiterin des HNO-Fachschwerpunktes des LKH Steyr
Sierninger Str. 170
4400 Steyr

Zusammenfassung eines Vortrages beim BKMF-Österreich Treffen 2018

Ein Kommentart zu “Schon wieder zum HNO-Arzt, was nun?

  • 10.10.2022 at 7:47
    Permalink

    Ich höre seit einiger Zwei schlechter. Ich war auch schon öfters beim HNO. Gut zu wissen, dass dies eventuell mit dem Wachstum zusammenhängen kann.

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